Anlagen
Anlagen I
1. Grundsätzliches
- Eine Verlagerung von Routen und damit von Fluglärm – auch wenn sie in Summe zu einer deutlichen Reduzierung der Anzahl der Belästigten führt – darf nicht dazu führen, dass andere Anstrengungen zur Verringerung des Fluglärms an sich unterbleiben. Denn durch die absehbare Wachstumsperspektive des Flughafens sollte das Mehr an Fluglärm eingeschränkt werden.
- Es sind z.B. strengere Lärmgrenzwerte, lärmärmere Flugverfahren (z.B. Steilstartverfahren), lärmärmeres Fluggerät, lärmbezogene Flughafengebühren und die Festlegung von Mindestüberflughöhen aus Lärmgründen erforderlich. Wenn diese Maßnahmen freiwillig nicht umsetzbar sind, müssen z.B. ordnungsrechtliche Eingriffe oder ökonomische Sanktionen folgen. Sollte dazu der gesetzliche Rahmen fehlen, muss er geschaffen werden bzw. eine gesetzgeberische Initiative in Gang gesetzt werden. Zudem sind schärfere Sanktionen bei Unterschreiten der Flughöhen sowie bei Verletzungen des Nachtflugverbots am Frankfurter Flughafen erforderlich.
- An Themen wie lärmärmeren Startverfahren, Gefahren durch Ultrafeinstäube und Betrachtung des Gesamtlärms müssen FFR, FLK und Politiker zum Schutz der Bevölkerung dringend weiterarbeiten. Sobald belastbare Erkenntnisse auf eine Gesundheitsgefährdung hinweisen, muss der Gesetzgeber aktiv werden.
- Zur Frage, ob man die Variantendiskussion unabhängig von der Diskussion etwa über Ultrafeinstäube führen kann, gibt es unterschiedliche Einschätzungen. Teile der Bürgergruppe folgen der Argumentation von FFR und FLK (die Diskussion zu AMTIX-kurz entkoppelt vom Thema Ultrafeinstäube zu führen), Teile hätten es wichtig gefunden, diese Aspekte in die Konsultation einzubeziehen, da die Konsequenzen einer Diskussion Einfluss auf die Variantenwahl hätten haben können.
- Anwohner, die Anspruch auf passiven Schallschutz haben, sollten aktiver vom Flughafen über die Möglichkeit des passiven Schallschutzes informiert werden.
2. Zum Thema Streuung (räumlich = gleichzeitig auf mehreren Routen; zeitlich = definierter Wechsel z.B. an unterschiedlichen Tagen)
- Die Gruppe stellt fest, dass das Thema Streuung vielfach in der öffentlichen Debatte gewünscht wird.
- Ein Teil der Gruppe stimmt den Ausführungen von ExpASS / DFS nicht zu, dass eine weitere Route (und damit eine räumliche oder zeitliche Streuung von AMTIX-kurz über mehrere Routen) nicht möglich sei. Ein anderer Teil sieht die Ausführungen als nachvollziehbar an, wonach eine Streuung die Komplexität erhöhen und damit die Sicherheit gefährden würde.
- Die Deutsche Flugsicherung ist in jedem Fall gefordert, mit Personal, technischer Ausstattung u.a.m. eine weitere Flugroute betreuen zu können. So wäre sie in puncto Sicherheit für die Zukunft besser aufgestellt und könnte ggf. eine Streuung möglich machen.
- Die gesetzlichen Rahmenbedingungen auf europäischer und nationaler Ebene sollten dergestalt weiterentwickelt werden, dass eine Streuung eher möglich wird.
- Der Nutzen von Pausen bzw. Entlastungen, die durch Streuungen entstehen, wird unterschiedlich eingeschätzt. Während die einen in Lärmpausen einen Wert an sich sehen, wäre anderen die regelmäßige und sehr deutliche Veränderung der Lärmbelastung eher unangenehm.
3. Zum Thema Kriterien
- Aus Sicht der Bürgergruppe sind die ExpASS-Kriterien „Kapazität“ und „Wirtschaftlichkeit“ keine Ausschluss-Kriterien.
- Man ist sich einig, dass es nicht nur ein Lärm-Kriterium gibt, auf dessen Basis eine Empfehlung für eine Variante ausgesprochen werden sollte. Stattdessen sollten die verschiedenen Werte in einer differenzierten Abschätzung einbezogen werden. Wichtig ist, dass diese Kriterien klar, transparent und nachvollziehbar sind – und dass die darauf basierende Abwägung fair und ebenfalls transparent erfolgt.
- Aus Sicht von Teilen der Bürgergruppe fehlen operationalisierbare Maßstäbe für die Definition des Kriteriums „substanzielle Lärmreduktion“ und damit für die Abwägung zwischen „substanzieller Lärmreduktion“ und „geringen Neubelastungen“. Andere Teile sehen das Problem nicht.
- Von besonders hohen Lärmpegeln (z.B. auch Dauerschallpegeln über 55 dB(A)) betroffene Menschen müssen in der Abwägung besonders gewichtet werden.
- Die Bürgergruppe ist der Einschätzung, dass es – bei gleichem Lärmpegel - im Vergleich von Entlastung und Zusatzbelastung durch neue Varianten keine Unterschiede zwischen den Menschen geben darf. Jeder Mensch muss gleichbehandelt werden. Bei der sich daraus ergebenden Konsequenz gibt es allerdings auch nachdenkliche Stimmen, nach denen die reine Bilanzierung (Anzahl der nach einer Verlagerung belasteten Menschen minus Anzahl der vor einer Verlagerung belasteten Menschen) aus ethischen Gründen der Situation nur bedingt gerecht wird. Wer in einem dicht besiedelten Gebiet wohnt, genießt bei dieser Betrachtungsweise einen größeren Schutz, als jemand, der in einem dünn besiedelten Gebiet wohne. Auf eine Alternative zu der von FFR und FLK gewählten Bilanzierung kann sich die Gruppe jedoch nicht verständigen.
- Die Bürgergruppe empfiehlt, den FFI anhand neuer Erkenntnisse aus Wissenschaft und Forschung (z.B. NORAH-Studie) kontinuierlich weiter zu entwickeln und bei Entscheidungen zu berücksichtigen.
4. Zum Thema Varianten
Bei der Diskussion wird deutlich, aus welchen Orten und Ortsteilen die Mitglieder der Bürgergruppe kommen. Eine Einigung auf eine Variante ist daher nicht möglich und nicht von ihr gewünscht.
5. Probebetrieb / Monitoring
- Der Fluglärm soll in allen von einer potenziellen Verlagerung der AMTIX-kurz-Route in relevantem Maße betroffenen Kommunen bzw. im Fall der Stadt Darmstadt in allen relevanten Stadtteilen über den gesamten Zeitraum des Probebetriebs (mind. 365 Tage) erfasst werden. Es muss sichergestellt werden, dass die Messungen verschiedene Jahreszeiten abdecken, um die unterschiedlichen Steigverhalten der eingesetzten Flugzeugmuster bei verschiedenen meteorologischen Bedingungen zu berücksichtigen.
- Die Messungen (z.B. Messstellen, Eingangsparameter) der heutigen Situation müssen vergleichbar mit denen des Probebetriebs sein, um die prognostizierten Veränderungen in der Praxis nachvollziehen zu können.
- Zudem muss der Probebetrieb zeigen, dass die Routen tatsächlich geflogen werden, was von Teilen der Gruppe bezweifelt wird. Dies wird insofern als relevant angesehen, weil davon die Zuverlässigkeit der berechneten Lärmwerte abhängt.
- Es wird als sinnvoll erachtet, die bereits heute vorhandenen Messstationen der privaten und kommunalen Betreiber im potenziellen Untersuchungsgebiet beim Monitoring miteinzubeziehen. Die Vergleichbarkeit der Messergebnisse ist dabei sicherzustellen.
- Über den Fluglärm hinaus sollten weitere Parameter in einem Monitoring berücksichtigt werden. Dazu gehört vor allem die Erfassung der Flugspuren der abgeflogenen Maschinen. Damit soll insbesondere sichergestellt werden, dass der in den unterschiedlichen Varianten vorgesehene Kurvenflug eingehalten wird. Die Erfassung der Flugspuren soll darüber hinaus Aussagen zu den Flughöhen der einzelnen Maschinen erlauben. Dabei geht es auch um die geflogenen Höhen nach 21 Uhr (Betriebsschluss Egelsbach).
6. Zur Konsultation
- Die Idee einer Konsultation an sich wird positiv bewertet. Auch das Verfahren zu AMTIX-kurz konkret wird an sich positiv bewertet. Die Konsultation hat zu mehr Sachlichkeit beigetragen. Trotz der teilweise sehr kritischen Stimmung in den Groß-Veranstaltungen hat die Bürgergruppe sehr sachlich getagt.
- Im Detail gibt es Kritik:
Das Angebot, alle Daten bereitwillig zur Verfügung zu stellen, wurde nicht durchgehend erfüllt. Teilweise kamen die Daten nur zäh oder zu spät.
Grafiken und Diagramme waren oft schwer verständlich, da Farben wechselten und Beschriftungen fehlten.
Teile der Gruppe hatten mit der Auswahl der in der Bürgergruppe auftretenden Experten Probleme.
Die Experten haben sich zu wenig in den Wissensstand von Laien versetzt. - Gewinnung Zufallsbürger über Meinungsforschungsinstitut schlecht gelaufen (Altersstruktur/ Repräsentativität). Empfehlungen: Mehr junge Menschen ansprechen, Meinungsforschungsinstitut muss professioneller agieren. Wenn möglich, Rekrutierung der Zufallsbürger unabhängig von Meinungsforschungsinstitut vornehmen.
- Es ist der Bürgergruppe wichtig, dass ihre Aussagen weiter getragen werden in die Gremien über ExpASS hinaus und auch in die Öffentlichkeit.
- Für zukünftige Konsultationen wird folgendes empfohlen:
Es wird empfohlen, einen anderen Begriff zu wählen, da „Konsultation“ bei der EU für ein bestimmtes Verfahren definiert ist (anderer Begriff z.B. Dialogverfahren).
Teile der Bürgergruppe fänden es gut, wenn die Gruppe nicht nur beratend, sondern auch gestaltend tätig werden könnte. Mehr Offenheit und mehr Frühzeitigkeit hinsichtlich möglicher Lösungen wäre gut.
Hinsichtlich der Zeitplanung sollte bei zukünftigen Konsultationen beachtet werden, wie viele Aspekte geklärt werden müssen und wieviel Zeit man dazu benötigt. Man sollte nicht zu straff planen.
Bei fachlich kontroversen Themen sollten Streitgespräche mit unterschiedlichen Experten-Meinungen auch im Rahmen der Bürgergruppe organisiert werden.
Auch wenn die Moderation in diesem konkreten Konsultationsverfahren keine Befangenheit gezeigt hat: Hinsichtlich der Auswahl der Moderation sollte darauf geachtet werden, dass es keinen Anlass für die Annahme einer Befangenheit geben kann (z.B. eine breite Ausschreibung mit Nennung der angeschriebenen Büros und unter Berücksichtigung des Sitzes des beauftragten Büros).
Mitglieder der Bürgergruppe waren 26 per Zufallsauswahl angesprochene und dann unter Beachtung von Wohnort, Alter und Geschlecht ausgewählte Bürgerinnen und Bürger aus dem betroffenen Gebiet.
Die Bürgergruppe traf sich an drei Samstagen zur Information und Diskussion, es waren im Schnitt etwa 15-20 ausgewählte Bürgerinnen und Bürger anwesend. Es standen jeweils Expertinnen und Experten aus dem Expertengremium Aktiver Schallschutz, der Fluglärmkommission, des Hessischen Verkehrsministeriums sowie aus der wissenschaftlichen Begleitung des Forums Flughafen und Region für die Information zur Verfügung.
Die Kurz-Dokumentationen der Treffen und die gezeigten Präsentationen finden sich unter Termine. Weiterhin fanden zwei Besuche von Mitgliedern der Bürgergruppe bei der Deutschen Flugsicherung statt, einer in Langen und einer im Frankfurter Tower.
Der dargestellte Text ist in der Gruppe einvernehmlich so beschlossen worden.
Anlagen II
Gruppe der politischen Akteure
Die Gruppe der politischen Akteure bestand aus jeweils zwei Vertretern und Vertreterinnen der folgenden Kommunen: Darmstadt, Erzhausen, Weiterstadt, Büttelborn, Mörfelden-Walldorf, Groß-Gerau, Egelsbach, Roßdorf, Messel und Groß-Zimmern sowie zusätzlich dem Ortsvorsteher von Darmstadt-Wixhausen. Eingeladen war jeweils der Bürgermeister / die Bürgermeisterin / die Umweltdezernentin sowie eine weitere sachkundige Person aus der Kommune.
Die Gruppe traf sich zwischen August und November 2018 viermal. Dazu kam ein Fach-Workshop mit von den Kommunen benannten Experten und Vertretern des Expertengremiums Aktiver Schallschutz sowie ein Besuch der Deutschen Flugsicherung auf dem Tower am Frankfurter Flughafen. Die Sitzungen und der Workshop wurden jeweils dokumentiert, die Dokumentationen und die gezeigten Präsentationen finden sich unter Termine.
Die Gruppe verzichtete auf die Erarbeitung gemeinsamer Positionen. Die einzelnen Kommunen haben aber die Möglichkeit, eigene Positionen zur Frage einer Verlegung der Flugroute AMTIX-kurz abzugeben.
Hauptanliegen der Mitglieder der Gruppe waren ein besseres Verständnis der möglicherweise zu erwartenden zusätzlichen Belästigungen sowie die Möglichkeit, die Verminderung der Belastung durch andere Varianten, durch Streuung und Rotation oder vor allem durch lärmärmere Flugzeuge und Startverfahren zu erreichen. Dazu kamen Prüfaufträge (neue Varianten) sowie der Hinweis darauf, weitere Kriterien für die Beurteilung der Varianten hinzuzuziehen.
Neben Verlauf und Bewertung von Varianten diskutierte die Gruppe insbesondere über die Themen Streuung und Startverfahren. Im Hinblick auf die Möglichkeit einer Streuung und die Fliegbarkeit der Variante 5 zeigte sich die Gruppe gegenüber der Argumentation des Expertengremiums Aktiver Schallschutz zum Teil skeptisch. Aus der Gruppe heraus wurde dann aber eine alternative Variante5a eingebracht, die möglicherweise eher fliegbar ist.
Am Ende des Prozesses gaben die Mitglieder an, dass man einbezogen worden sei, dass viele Fragen beantwortet worden seien, dass neue Varianten aufgenommen worden seien und vor allem auch, dass man sich in einem konstruktiven und sachlichen Gespräch befunden habe. Die Zeit für die Konsultation sei gut investiert gewesen.
Kritisch wurde von Teilen der Gruppe hervorgehoben, dass sich im Vergleich zu der Situation vor der Konsultation wenig verändert habe. Themen wie Ultrafeinstäube seien nicht behandelt worden, und bezüglich der Streuung habe man die Position der DFS und des ExpASS nicht aufweichen können. Die Prämissen seien gesetzt gewesen, der Spielraum der Beteiligung sei eng. Der Fokus sei auf der Verlagerung von Lärm geblieben.