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5.2. Ermittlung der Betroffenenzahlen

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Warum vergleicht man die Varianten anhand der Anzahl der Hochbelästigten? Was bedeutet dieser Begriff?

Die Vermeidung von „erheblicher Belästigung“ ist eine national und international breit etablierte rechtliche und wissenschaftliche Bewertungsgröße beim Lärmschutz. Sie ist zentrales Schutzziel im Immissions- und Lärmschutzrecht und wird explizit in verschiedenen Vorschriften des Luftverkehrsgesetzes, des Immissionsschutzgesetzes und bei den grundlegenden Zielsetzungen des Fluglärmschutzgesetzes genannt. Auch die EU und die Internationale Zivilluftfahrtorganisation ICAO nutzen „Hochbelästigte“ bzw. „Highly Annoyed“ als zentrale Bewertungskategorie, wenn es um die Abschätzung von Lärmwirkungen geht. Die EU schreibt ihren Mitgliedsstaaten vor, die Größe regelmäßig bei Lärmkartierungen zu ermitteln.

Der Begriff der Belästigung wird in der Lärmwirkungsforschung regelmäßig benutzt. Es ist bekannt, dass sich Lärmbelästigung auf die gesundheitsbezogene Lebensqualität auswirkt. Der Prozentsatz von Hochbelästigten in Abhängigkeit von einem Lärmpegel (in der Regel einem Dauerschallpegel) ist somit eine wichtige, nach wissenschaftlichen Kriterien ermittelte Größe, mit der sich abschätzen lässt, wie Lärm auf Menschen wirkt. Er wird ermittelt, indem man untersucht, wie viele Personen sich bei einem bestimmten Lärmwert z.B. in einer fünfstufigen Skala als vom Lärm „stark“ oder „äußert“ gestört oder belästigt einstufen. Der Prozentsatz der Hochbelästigten, der in der RDF-Belästigungsstudie[1] ermittelt wurde, ist der in den Tagindex einfließende Parameter zur Lärmwirkung.


Wie berechnet man die Anzahl der Hochbelästigten?

Um zu beschreiben, wie sich mögliche Varianten im Unterschied zur heutigen Situation auswirken, greift das Forum Flughafen und Region seit 2009 auf den Frankfurter Tagindex und den Frankfurter Nachtindex zurück.[2] Die Indizes berücksichtigen drei Faktoren:

Faktor

die bei den Menschen ankommende gemittelte Lärm­belastung bzw. die Höhe und Anzahl von Einzelschallereignissen, berechnet in Dezibel, abgekürzt dB(A).

die Zahl der in einem Gebiet lebenden Personen, in dem ein bestimmter Fluglärmwert erreicht wird

die Wirkung der Lärmbelastung auf die Personen.

Datenbasis

Berechnung auf der Basis des Datenerfassungssystems (DES), siehe Antworten unter Kapitel 5.5

Wohnbevölkerung in Quadraten mit je 125 Meter Kantenlänge, siehe Antworten unter Kapitel 5.5

wissenschaftlich ermittelte Dosis-Wirkungs-Beziehung, siehe Antworten unter Kapitel 5.1

Die Berechnungen betrachten den „gesetzlichen“ Tag (6 bis 22 Uhr) und die „gesetzliche“ Nacht (22 bis 6 Uhr) getrennt, wie die Namen der Indizes nahelegen.
Bestandteile eines Lärmindexes
Bestandteile eines Lärmindexes

Für den Tag wertet der Index die Anzahl hochbelästigter Personen aus. Für die Berechnungen wird ein Gebiet betrachtet, in dem ein Dauerschallpegel von mindestens 53 dB(A) herrscht. Anschließend wird ermittelt, wie viele hochbelästigte Personen im Indexgebiet leben. Steigt der Dauerschallpegel, steigt auch der prozentuale Anteil der Menschen, die durch den Fluglärm hochbelästigt sind.[3] Von den Personen, für die ein Dauerschallpegel am Tag von 53 dB(A) ermittelt wurde, werden 28,7% dieser Menschen als Hochbelästigt (Highly Annoyed) betrachtet. Bei einem Dauerschallpegel am Tag zwischen 61 und 62 dB ist bereits jede zweite Person durch Fluglärm hochbelästigt. In den Auswertungen wird die Anzahl der Hochbelästigten zur Vereinfachung in so genannte Indexpunkte umgerechnet.

1 Indexpunkt am Tag entspricht dabei 900 Hochbelästigten.

Für den Nachtindex berechnen die Experten im FFR, wie der Lärm auf den Schlaf wirkt. Dafür ermitteln sie die Anzahl „fluglärminduzierter zusätzlicher EEG-Aufwachreaktionen“. EEG-Aufwachreaktionen bezeichnen Aufwachreaktionen, die im Hirnstrombild erkennbar sind. Sie sind klinisch für die Schlafqualität von Bedeutung, obwohl sich Schlafende nicht immer daran erinnern können. In einer ruhigen nicht von Fluglärm gestörten Nacht treten im Durchschnitt etwa 24 EEG-Aufwachreaktionen auf. Die Nachtindex-Berechnung berücksichtigt das Gebiet, in dem die Wahrscheinlichkeit einer zusätzlichen Aufwachreaktion mindestens 75 Prozent beträgt[4]. Auch diese Werte werden für die Darstellung in Indexpunkte umgerechnet. 1 Indexpunkt in der Nacht entspricht 3.900 zusätzlichen Aufwachreaktionen.

Für den Nachtindex wird berechnet, wie viele zusätzliche fluglärminduzierte EEG-Aufwach­reaktionen im Durchschnitt pro Nacht im Beurteilungszeitraum auftreten.

Die Indizes stellen sicher, dass die bei steigenden Schallniveaus zunehmenden Wirkungen berücksichtigt werden (Berücksichtigung von Dosis-Wirkungs-Beziehungen). An anderen Standorten werden teilweise ähnliche Indizes erhoben, z.B. in Zürich. Das Umweltbundesamt hat seine Bewertung der Flugroutenvarianten für den Flughafen BER ebenfalls unter Nutzung von Dosis-Wirkungsbeziehungen für Hochbelästigte, darunter die im Frankfurter Index genutzte Kurve vorgenommen.


Betrachtet man alle von Fluglärm Betroffenen, oder nur die Betroffenen oberhalb eines bestimmten Lärmniveaus?

Es gibt wesentlich mehr Lärmbetroffene, als in den Zahlen dargestellt. Die Zahlen zeigen die „Hochbelästigten“ (Anzahl Menschen) oder die zusätzlichen Aufwachreaktionen (siehe dazu die Antworten in Kap. 5.2). Wenn also in den Tabellen über die Lärmbetroffenheiten bei Erzhausen für die heutige Situation eine Null steht, dann bedeutet das: Nach den Kriterien der zugrundeliegenden wissenschaftlichen Studie gibt es derzeit in Erzhausen zwar viele Fluglärmbetroffene, aber keine Hochbelästigten.


Wird die bereits heute hohe Belastung von Weiterstadt-Gräfenhausen, Büttelborn-Worfelden und Mörfelden bei der Bewertung berücksichtigt? Etwa in dem Sinne, dass hier keine zusätzlichen Belastungen mehr zugelassen werden?

Ein wesentliches Kriterium des FFR ist es, dass in der Bewertung hoch lärmbelastete Personen ein höheres Gewicht gegenüber weniger stark Betroffenen haben. Hierfür wurde festgelegt, dass die Zahl der Hochbetroffenen insgesamt möglichst gesenkt werden soll, keinesfalls aber steigen darf.

Die Zahl der Hochbetroffenen ergibt sich, in dem in den hoch betroffenen Gebieten die Anzahl der Hochbelästigten bzw. Aufwachreaktionen ausgewertet wird. Diese Gebiete sind wie folgt definiert:

  • für den Tag durch einen Dauerschallpegel von mindestens LAeq,Tag ≥ 60 dB(A) und
  • für die Nacht durch eine Kombination von Dauerschallpegel (mindestens (LAeq,Nacht ≥ 53 dB(A)) und eine Anzahl von besonders lauten Einzelschallereignissen (mindestens sechs Ereignisse mit einem LAmax,Nacht ≥ 72 dB(A).

Für die Prüfung des o.g. Kriteriums werden – wie bei allen Betrachtungen des FFR – nicht einzelne Orte betrachtet, sondern die Gesamtzahl der Hochbetroffenen. Dennoch zeigt das folgende Balkendiagramm, dass hiervor vor allem die in der Frage genannten Orte betroffen sind. In der Gesamtbilanz führt darüber hinaus ausschließlich Variante 4 für die Nacht zu einer geringen Verminderung der Anzahl der Hochbetroffenen. Die Empfehlung für Variante 4 hat auch hier ihre Begründung.

Die Abbildung zeigt die Anzahl der zusätzlichen Aufwachreaktionen im Szenario 2015 +13% Verkehr, Nacht (am Tag kommt es in diesem Szenario zu keinen Hochbetroffenen).[5]

Aufwachreaktionen

Vernachlässigt man mit der Berechnung des Dauerschallpegels nicht die besonders störenden Einzelschallereignisse? Reicht der Dauerschallpegel aus, um die Lärmwirkungen zu beschreiben?

Über die Aufwachreaktionen im Nachtindex sind Einzelschallereignisse ebenfalls abgebildet. Die Bewertung bezieht sich nicht ausschließlich auf Dauerschallpegel. Für den Tag haben die Sensitivitätsauswertungen in den Belästigungsstudien gezeigt, dass sich die Dosis-Wirkungsbeziehungen sehr vergleichbar ergeben zwischen Dauerschallpegeln und maximalen Einzelschallpegeln.


Für welches Gebiet fließen die Werte des Frankfurter Fluglärmindex in die Empfehlung ein?

Man konzentriert sich auf das Gebiet des Tag- und des Nachtindexes.[6]Zusätzlich wird ein Gebiet getrennt ausgewertet, das als besonders hoch betroffen definiert ist (siehe Antworten in Kap. 5.2), um sicherzustellen, dass sich im Saldo keine negative Verschiebung zu Hochbetroffenen ergibt. Außerdem wird das sogenannte erweiterte Kontrollgebiet mit einem Dauerschallpegel von 50 dB(A) beim Tagindex betrachtet, um sicherzustellen, dass sich nicht außerhalb des Indexgebiets Effekte ergeben, die bei der Bewertung unerkannt blieben. Insgesamt werden also ähnlich eines „Zwiebelmodells“ drei verschiedene Gebietsgrößen ausgewertet, die nach Lärmintensität definiert sind und jeweils geschaut, wie sich die Hochbelästigten bzw. die zusätzlichen Aufwachreaktionen in diesen Gebieten je nach Variante entwickeln.


Warum hat sich das FFR entschieden, als Bewertungskriterium Hochbelästigte und Aufwachreaktionen zu wählen und nicht andere Wirkungsparameter, zum Beispiel direkt gesundheitsbezogene?

Hohe Belästigung sagt etwas über die gesundheitliche Lebensqualität aus, und zusätzliche Aufwachreaktionen ist ein wissenschaftlich begründetes Kriterium. Diese Kriterien haben zudem den Vorteil, dass sie der Ursache (Fluglärm) direkt kausal zugeordnet werden können und es im Fall der Belästigung eine eigene, umfassende, mehrfach qualitätsgesicherte und auf den konkreten Standort Frankfurt bezogene Studien gab. Sie war vom Regionalen Dialogforum beauftragt worden, sogenannte „RDF Belästigungsstudie“. Die Zahl erheblich Belästigter („Highly Annoyed“) ist zudem die gängige Bewertungsgröße innerhalb der EU und ICAO, die nach standardisierten, erprobten Vorgaben erhoben wird. Auch die EU Umgebungslärmrichtlinie sieht diese Bewertung vor. Würde man stattdessen direkte gesundheitsbezogene Kriterien, wie etwa „zusätzliche Herzkreislaufkrankheiten“ angeben, käme man in eine sehr schwierige Debatte darüber, inwieweit diese durch Fluglärm oder (auch) durch andere Faktoren verursacht sind, da Fluglärm einer von verschiedenen Risikofaktoren ist.


Warum nutzt man für den Frankfurter Fluglärm Index nicht die neueren Zahlen der NORAH-Studie?

Der Frankfurter Fluglärmindex wird seit 2009 genutzt. Er stützt sich auf Zahlen von Studien aus dem Jahr 2006.

Im Rahmen der NORAH-Studie[7] wurden für die Jahre 2012 und 2013 zwar aktuellere „Dosis-Wirkungs-Beziehungen“ erarbeitet. Diese zeigen, dass Menschen am Standort Frankfurt inzwischen schon bei geringeren Schallniveaus hochbelästigt sind. Das FFR ist dabei, den Frankfurter Fluglärm Index zu aktualisieren. Die Weiterentwicklung des Frankfurter Fluglärm Index ist jedoch ein hochkomplexes und umfangreiches Verfahren, das viel Zeit in Anspruch nimmt. Dies dauert aufgrund der Komplexität der Sachlage noch.

Die Überarbeitung ist auch nicht mit sofortiger Wirkung notwendig, weil der Index weiterhin das bundesweit am stärksten ausdifferenzierte und geeignetste Instrument zur Beurteilung der Lärmwirkung von Flugrouten ist.

Um gleichwohl abschätzen zu können, ob sich die Ergebnisse des Variantenvergleichs (Anzahl der Hochbelästigten unter der heutigen AMTIX-kurz-Route im Vergleich zur Anzahl der Hochbelästigten unter einer neuen AMTIX-kurz-Route) ändern würden, hat das FFR Sensitivitätsrechnungen mit Hilfe der aktualisierten Dosis-Wirkungs-Kurve aus der NORAH-Studie für den Tag durchgeführt. Die Berechnungen zeigen, dass sich – bei Beibehaltung aller anderen Parameter - das Verhältnis zwischen den Varianten nicht verändern würde. Das Ergebnis bliebe also auch hier, dass die Gesamtzahl der Hochbelästigten im Indexgebiet, im Hochbetroffenen-Gebiet und im erweiterten Kontrollgebiet deutlich sinken würde bei einer nördlichen Verlagerung der AMTIX-kurz.


Wurden bei den Auswertungen alle Personen berücksichtigt, die entweder ent- oder belastet werden? Wurden nur Neubelastete bei den Belastungen berücksichtigt oder auch Personen, die schon vorher Fluglärm hatten und jetzt zusätzlich belastet würden?

Wie in der Antwort weiter oben dargestellt, werden alle Personen (Wohnbevölkerung) innerhalb der Gebiete des Frankfurter Fluglärmindexes berücksichtigt, die ent- oder belastet werden. Und zwar unter Berücksichtigung des Maßes der Entlastung bzw. der zusätzlichen Belastung.


Wird berücksichtigt, wer wie lange schon Fluglärm ertragen muss?

Nein, die Dauer der Belastung spielt in der Betrachtung keine Rolle.


Gibt es Unterschiede wie Menschen Fluglärm wahrnehmen, je nachdem ob sie bereits länger belastet sind oder neu belastet werden? Welche Gründe gibt es, die für oder gegen Lärmverlagerung sprechen?

Auf Basis der Ergebnisse der NORAH Studie wurden auch Auswertungen vorgenommen, inwieweit sich beim Belästigungsempfinden Unterschiede ergeben,
je nachdem ob man vorher bereits stärker oder weniger stark belastet war. In NORAH waren insgesamt in drei Jahren Befragungen erfolgt, so dass man auch auswerten konnte, wie Menschen auf die starken Änderungen reagierten, die sich durch die Inbetriebnahme der Nord-West-Landebahn und der Südumfliegung ergaben, bzw. den Entlastungen beim bisherigen Parallelbahnsystem und bei den sog. Nord-West Abflugrouten. Das Ausmaß, wie stark das Belästigungsempfinden von Menschen bei Fluglärm ist, hängt danach auch von der eigenen Erwartungshaltung ab.

Wer Entlastung erwartet, empfindet eine tatsächliche Entlastung potenziell stärker entlastend, als jemand der eine Zunahme oder ein Gleichbleiben erwartet. Wer Belastung erwartet, empfindet eine tatsächlich eintretende stärkere Belastung potenziell belastender als jemand ohne negative Erwartung. Viele derjenigen, die Belastung erwarten, empfinden sogar eine real eingetretene Entlastung oder ein Gleichbleiben häufiger als Belastung, als Menschen ohne solche Befürchtungen. Bereits die Diskussion um Lärmveränderung hat Auswirkungen auf das Ausmaß der Belästigung vieler Menschen, selbst wenn real noch keine Änderung eingetreten ist. Es zeigte sich zudem ein sogenannter „Change Effekt“, aber er war weniger ausgeprägt, als die Wissenschaftler vorher erwartet hatten. Menschen nehmen die Änderungen „überproportional“ negativ oder positiv wahr. Mit der Zeit verringert sich dieser Effekt jedoch wieder. Dieser Effekt ist bei Belastungen stärker als bei Entlastungen und er dauert bei Belastungen länger an, als bei Entlastungen.

Das FFR zieht daraus die Konsequenz, lärmverlagernde Maßnahmen nur bei eindeutig positiver Bilanz zu empfehlen, u.A. in Anerkennung von Change Effekten. Außerdem wird kein mathematischer Automatismus angewandt, sondern Empfehlung der Variante, die in Abwägung zwischen Entlastung und Belastung möglichst große Vorteile bringt und bei Abwägung von Varianten mit ähnlich eindeutig positiver Bilanz bei den Entlastungen möglichst geringe Nachteile bringt.


Werden neben den absoluten Zahlen auch relative Zahlen berücksichtigt? Etwa in dem Sinne, dass es ein Unterschied ist, ob 10 Prozent oder 90 % einer Gemeinde / eines Ortsteils betroffen sind?

Nein, das FFR zählt alle Personen in gleichem Maße.


Welche Schulen und lärmsensiblen Einrichtungen wären von der Verlagerung betroffen?

Die Empfehlung für Variante 4 basiert ausschließlich auf den Zahlen der Wohnbevölkerung. Aufgrund der vielen diesbezüglichen Fragen wurden die Kommunen gebeten, die betroffenen lärmsensiblen Einrichtungen zu melden. Sobald diese Liste vollständig vorliegt, wird sie veröffentlicht.


Welche Rolle spielt es bei der Entscheidung, dass die Hessenwaldschule direkt überflogen würde und diese erst kürzlich im Hinblick auf Lärm saniert wurde?

Wie oben geschrieben, basiert die Empfehlung für Variante 4 ausschließt auf den Zahlen der Wohnbevölkerung. In der ebenfalls oben genannten Erhebung der lärmsensiblen Einrichtungen wird die Anzahl der Schüler / Kinder / Betten / Senioren sowie die Lage erhoben – damit man nachvollziehen kann, in welchem Lärmniveau die Einrichtung liegt bzw. liegen würde. Der bauliche Zustand wird nicht betrachtet.


Wird berücksichtigt, dass viele Menschen erst nach 1984 (Bau der Startbahn West) in fluglärmbelastete Gebiete gezogen sind und daher wussten, auf was sie sich einlassen?

Die Frage, wann und warum jemand in ein belastetes Gebiet gezogen ist, spielt bei der Bewertung zu AMTIX-kurz keine Rolle.


Wird berücksichtigt, wieviel die Menschen fliegen, die in den betrachteten Gebieten leben?

Die Frage, wieviel die Menschen fliegen, spielt bei der Bewertung zu AMTIX-kurz keine Rolle.


In welchen Gebieten würden die Anwohner bei Variante 4 Anrecht auf Schallschutzfenster bekommen?

Eine pauschale Antwort auf diese Frage ist nicht möglich. Die Frage, für welche Maßnahmen (z.B. Dachdämmung, Fenster, Lüfter) Kosten erstattet werden ist nicht nur davon abhängig, ob die Wohnimmobilie im Lärmschutzbereich liegt und welcher Lärmwert außen anzunehmen ist. Aufgrund der Vorgaben des Bundesgesetzgebers hängt die Frage, ob und was an Kosten zu erstatten ist, ganz entscheidend davon ab, welches Schalldämmmaß in den Schlafräumen auch ohne Maßnahmen gegeben ist. Bei einem neueren Haus, bei dem bereits aufgrund von Vorgaben zur Energieeffizienz ein hohes Maß an Schalldämmung gegeben ist, stellt sich dies anders dar, als bei einem älteren Gebäude z.B. aus den 60er Jahren, das weniger massiv gebaut ist und daher mehr Lärm innen ankommt. Im Lärmschutzbereich unterhalb der AMTIX-kurz in Darmstadt wurden in einigen Fällen Dachdämmungen, aber ansonsten Fenster und vor allem Lüfter bewilligt, je nach konkreter Sachlage. Bisher gingen für ungefähr 1300 Wohnungen Anträge beim RP Darmstadt ein, wobei nur ein Teil der bewilligten Maßnahmen auch tatsächlich durchgeführt wurden.

Wo genau im Fall einer Nordverschiebung die Grenze eines neu festgelegten Lärmschutzbereichs verlaufen würde, hängt u.A. davon ab, ob und wie schnell der Bund das Fluglärmschutzgesetz und die dazugehörigen Rechtsverordnungen einschließlich der Berechnungsvorschriften novelliert, welche Variante gewählt würde. Würde man von Variante 4 ausgehen und von unveränderten rechtlichen Rahmenbedingungen, dann wäre z.B. ein Teil Erzhausens im Süden umfasst. In jedem Fall wäre im Fall der Verlagerung der AMTIX-kurz eine Änderung des Lärmschutzbereichs erforderlich, die vom HWMELV aktiv veranlasst und durchgeführt würde. Eine grundlegende Überprüfung ist ohnehin für 2021 vorgesehen.   


Wie groß ist die Differenz der Lärmwerte zwischen Variante 4 und Referenz bzw. für wie viele Personen entsteht welche Differenz?

Die Zahlen werden derzeit erarbeitet und in der Abschlussdokumentation bzw. in der Dokumentation der entsprechenden Sitzung veröffentlicht.


Wie viele Personen sind bei den heutigen Routen sowie bei den Varianten 1 bis 4 mit mehr als 55 dB(A) Dauerschallpegel am Tag belastet?

Die Zahlen werden derzeit erarbeitet und in der Abschlussdokumentation bzw. in der Dokumentation der entsprechenden Sitzung veröffentlicht.


Warum wird als Maß für den Tag-Index die 53 dB(A) Dauerschallpegel-Linie gewählt?

Die mit der Erstellung des Indexes befassten Wissenschaftler empfahlen, die Begrenzung des Berechnungsgebietes durch eine wirkungsbezogen definierte Umhüllende festzulegen, denn in einem Fluglärmindex wird die Wirkung des Fluglärms ausgedrückt.

Die Vorgabe der Wissenschaftler lautete deshalb, dass das Abbruchkriterium zwischen der empirische ermittelbaren Wirkungsschwelle, bei der erste Reaktionen beobachtet werden, und der politisch definierten Schwelle der epidemiologischen Erheblichkeit liegen sollte. Bei der Frankfurter Belästigungsstudie lag die Wirkungsschwelle (0% HA) bei einem LAeq,–22 von 41–42 dB, wohingegen die epidemiologische Erheblichkeit i. d. Regel bei ca. 25–26% HA gesehen wurde, was in der Frankfurter Belästigungsstudie einem LAeq,6–22 von 51–52 dB (Realverteilung) bzw. 52–53 dB (mittlere Betriebsrichtungsverteilung plus 3-Sigma) entsprach.

Basierend auf diesen Entscheidungen und auf zusätzlichen Probeberechnungen wurde mehrheitlich empfohlen, nur solche Gebiete für die Berechnung des Tagindex zu berücksichtigen, in denen ein LAeq,6–22,3-Sigma von 53 dB erreicht oder überschritten wird.

Die Setzung orientierte sich insbesondere aus zwei Gründen eher an der Erheblichkeit als an der Wirkungsschwelle: Zum einen sollte vermieden werden, dass der Index durch viele vergleichsweise gering Belastete dominiert wird. Andererseits hätten bei niedrigeren Abbruchkriterien sehr große Konturen gerechnet werden müssen, deren Präzision hätte angezweifelt werden können.

[1] Schreckenberg, D. und Meis, M. (2006). Belästigung durch Fluglärm im Umfeld des Frankfurter Flughafens. Gutachten im Auftrag des Regionalen Dialogforums Flughafen Frankfurt. Endbericht. Bochum, Oldenburg: AG Fluglärmwirkung.
[2] Genaueres siehe unter https://www.aktiver-schallschutz.de/publikationen/infoblaetter
sowie https://www.umwelthaus.org/fluglaerm/fluglaermmonitoring/entwicklung-des-frankfurter-fluglaermindexes
[3] Diese Zusammenhänge wurden in der Studie „Belästigung durch Fluglärm im Umfeld des Frankfurter Flughafens“ von Schreckenberg und Meis (2006) wissenschaftlich ermittelt. Die dem Tagindex zugrunde liegende Formel lautet: (HA% = 2,48 Leq,Tag – 102,76). Die Nachtindexformel wird auch aus dem Kasten herausgenommen und als Fußnote zitiert.

 

[4] Auch die dem Nachtindex zugrundeliegenden Annahmen sind wissenschaftlich untermauert: Sie gehen auf die Studie „Wirkungen nächtlichen Fluglärms“ des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) aus dem Jahr 2006 zurück. Die Berechnung erfolgt anhand einer komplexen mathematischen Formel, die die Anzahl und die Lautstärke der in den Nachtstunden stattfindenden Einzelschallereignisse mit deren Wirkungen auf den Schlaf des Menschen in Beziehung setzt (siehe Kasten auf dieser Seite).


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